Schnellfrage:
Sind Sie neugierig, woher unser Verhalten wirklich kommt? Ist es das Feuern von Neuronen tief im Gehirn, oder steckt ein komplexeres kausales Netzwerk im Hintergrund?
In der Neurowissenschaft wird die "Ursache von Verhalten" oft einfach mit "neuronalen Mechanismen" gleichgesetzt. Wissenschaftler haben durch präzise Techniken wie Optogenetik Echtzeit-Kontrolle über Verhalten erreicht und anschließend behauptet, bestimmte neuronale Mechanismen entdeckt zu haben. Aber enthüllt diese reduktionistische Erklärung, die sich auf augenblickliche neuronale Aktivität konzentriert, wirklich die vollständigen Ursachen von Verhalten?
Übersehen wir dabei vielleicht das Wesen kognitiver Prozesse, das koordinierte Handeln des gesamten Gehirns, und löschen wir sogar die einzigartige Geschichte und Bedeutung des Organismus als Subjekt aus? Dieser Artikel wird diese traditionelle Perspektive herausfordern, nicht-reduktionistische und diachronische Kausalitätskonzepte einführen, untersuchen, wie ein umfassenderes Erklärungsmodell für Verhalten in der Neurowissenschaft rekonstruiert werden kann, und gemeinsam neu überdenken: Ist die Wurzel des Verhaltens wirklich Mechanismen, oder eine Lebensgeschichte, die Mechanismen übersteigt?
▷Potter, Henry D., and Kevin J. Mitchell. "Beyond Mechanism—Extending Our Concepts of Causation in Neuroscience." European Journal of Neuroscience 61.5 (2025): e70064.
In der neurowissenschaftlichen Forschung wird die Suche nach den "Ursachen von Verhalten" oft einfach mit der Suche nach "neuronalen Mechanismen" gleichgesetzt. Diese Forschungsperspektive beinhaltet typischerweise eine dreifache Vereinfachung der Kausalität:
Erstens, die Reduzierung wesentlicher Probleme auf der Ebene kognitiver Prozesse auf die Ebene neuronaler Mechanismen; Zweitens, die Vereinfachung der gesamten Gehirnaktivität auf die Aktivität isolierter Hirnareale; Drittens, die Ersetzung der diachronen Untersuchung von Prozessen, die sich über die Zeit entwickeln, durch Beobachtungen momentaner Zustände.
Obwohl die moderne Neurowissenschaft bemerkenswerte Erfolge bei der Identifizierung momentaner neuronaler Mechanismen erzielt und eine präzise Echtzeit-Kontrolle über Verhalten ermöglicht hat, sind wir der Meinung, dass dies nicht bedeutet, dass wir die tiefen Ursachen von Verhalten vollständig verstanden haben. Diese Vereinfachung führt insbesondere zu zwei gefährlichen Tendenzen: Sie kann kognitive Elemente aus dem Erklärungsrahmen ausschließen und kann sogar die Subjektivität des Organismus selbst auslöschen. Um die kausalen Zusammenhänge hinter Verhalten wirklich zu verstehen, müssen wir nicht nur wissen, welche Ergebnisse aus neuronaler Aktivierung resultieren, sondern auch fragen, warum diese Ergebnisse auftreten.
Dieser Artikel führt mehrere etablierte nicht-reduktionistische und diachronische Kausalitätskonzepte aus der Philosophie ein (einschließlich Kriterialkausalität, Auslöser- und Strukturursache, Systembeschränkungen, makroskopische Kausalität, historische Spezifität und semantische Kausalität usw.), die neurowissenschaftlichen Forschern theoretische Unterstützung bieten, um eine vollständigere kausale Erklärung für Verhalten zu konstruieren. Diese Konzepte können mentale und Agenten-Kausalität auf wissenschaftlich überprüfbare Weise erklären und kognitive Funktion und den Organismus selbst als autonome kausale Agenten wiederherstellen. Durch diese theoretische Integration hoffen wir, den richtigen Status kognitiver Subjekte und Organismen innerhalb des neurowissenschaftlichen Erklärungsrahmens wieder aufzubauen.
Inhaltsverzeichnis:
01 Ursprung des Problems: Das Dilemma der kausalen Erklärung in der Neurowissenschaft
02 Kritik am dreifachen Reduktionismus: Grenzen der Driving View of Causation
03 Rekonstruktion kausaler Typen
04 Systembeschränkungen und makroskopische Kausalität
05 Diachronischer Erklärungsrahmen: Struktur- und Endursachen
06 Bedeutungsaufbau und die Rückkehr der Subjektivität
07 Implikationen für experimentelle Paradigmen: Ein erweiterter Rahmen für die Ursachen von Verhalten
08 Die Bedeutung von Diachronizität und Nicht-Reduktionismus
Ursprung des Problems:
Das Dilemma der kausalen Erklärung
in der Neurowissenschaft
Woher kommt unser Verhalten wirklich? Diese Frage ist nicht nur das philosophische Problem des freien Willens, sondern auch ein zentrales Rätsel, das Neurowissenschaftler zu lösen versuchen. Die moderne Neurowissenschaft glaubt, dass zur Erklärung, wie das Gehirn Verhalten produziert, die entsprechende Forschung mindestens drei grundlegende Annahmen benötigt:
Erstens, alle Verhaltens- und Denkaktivitäten stammen von neuronaler Aktivität;
Zweitens, es gibt eine kausale Beziehung zwischen neuronaler Aktivität und Verhalten;
Drittens, um ein Phänomen (z. B. ein bestimmtes Verhalten) wirklich zu erklären, muss seine kausale Beziehung gefunden werden – dies wird in der Theorie der wissenschaftlichen Erklärung als "Kausaler Erklärungsansatz" bezeichnet.
Genau aus diesem Grund ist die Identifizierung der kausalen Beziehungen innerhalb des Gehirns sowie zwischen Gehirn und Verhalten zu einer Hauptaufgabe der Neurowissenschaft geworden. Wie Ross und Bassett feststellten: "Das Kernziel der Neurowissenschaft besteht darin, die kausale Struktur des Gehirns zu beleuchten – sei es auf mikroskopischer Ebene molekularer und zellulärer Interaktionen oder auf makroskopischer Ebene neuronaler Schaltkreise, Gehirnregionen und Netzwerkaktivität." Ebenso schlug Barack vor, dass Neurowissenschaftler sich konstant auf zwei grundlegende Fragen konzentrieren: "Welche Hirnaktivitäten führen zu spezifischem Verhalten? Welche Hirnaktivitäten führen zu anderen neuronalen Aktivitäten?" Das Forschungsziel ist: die Schlüsselknoten der neuronalen Kausalität zu identifizieren, um die Mechanismen zu erklären, durch die Zielverhalten oder neuronale Ereignisse auftreten.
Dieses Forschungsparadigma führt Wissenschaftler natürlich zur Untersuchung der neuronalen Mechanismen von Verhalten. Wie von Ross und Bassett zusammengefasst: "Es wird in der Wissenschaftsgemeinschaft allgemein akzeptiert, dass eine wahre neurowissenschaftliche Erklärung die Aufklärung von Gehirnmechanismen beinhalten muss – wobei 'Mechanismus' sich speziell auf die mikroskopischen kausalen Details bezieht, die in der Lage sind, spezifische funktionelle Ergebnisse des Gehirns zu erzielen." In diesem Rahmen ist das Verständnis der Ursache von Verhalten gleichbedeutend mit der Offenlegung spezifischer neuronaler Mechanismen: Unabhängig davon, ob es sich um die Aktivität einzelner Neuronen, die Operation neuronaler Schaltkreise oder die Populationscodierung handelt, solange ihr Aktivitätsmuster zuverlässig ein bestimmtes Verhalten auslöst, wird es als die grundlegende Ursache dieses Verhaltens betrachtet.
Dieses Forschungsparadigma hat die Methodologie der Neurowissenschaft tiefgreifend geprägt. In Neuroimaging-Studien versuchen Wissenschaftler, Merkmale der Gehirnaktivität zu identifizieren, die mit bestimmten Verhaltensweisen oder mentalen Zuständen (bei Menschen oder anderen Organismen) assoziiert sind. Diese Merkmale werden standardmäßig als potenzielle Ursachen angenommen, die zum entsprechenden Verhalten beitragen. Komplementär dazu haben Hirnläsionsstudien dieses mechanistische Forschungsparadigma durch Lokalisation und Dekomposition verifiziert: Sie zeigen, dass eine bestimmte Hirnregion nicht nur ein aktiver Bereich für Verhalten ist, sondern auch eine notwendige Bedingung für dessen Produktion – sei es episodisches Gedächtnis, Gesichtserkennung oder Sprachfunktion, ihre normale Funktion hängt von der Integrität spezifischer neuronaler Strukturen ab.
Das Aufkommen der Optogenetik-Technologie im Jahr 2005 brachte die neurowissenschaftliche Kausalitätsforschung in eine neue Phase. Dieser technologische Durchbruch, zusammen mit pharmakologischen Interventionen, transkranieller Magnetstimulation und anderen Techniken, baute eine leistungsfähige Werkzeugkiste für die neuronale Manipulation auf. Forscher konnten die Aktivität spezifischer neuronaler Einheiten (ob einzelne Neuronen, neuronale Bahnen, Mikroschaltkreise oder ganze Gehirnnetzwerke) präzise steuern und dann überprüfen, ob Veränderungen in spezifischen neuronalen Strukturen zwangsläufig zu Veränderungen in spezifischen Verhaltensweisen oder mentalen Zuständen führen würden (Abbildung 1).
▷Abbildung 1: Prinzipien und Methoden der Verwendung von Optogenetik in der neurowissenschaftlichen Forschung.
Dieses "Interventions-Antwort"-Forschungsparadigma, das weithin als Goldstandard für die Erforschung kausaler Beziehungen gilt, hat zu Durchbrüchen bei der Analyse verhaltensbezogener Mechanismen geführt. Durch dieses Paradigma haben Wissenschaftler erfolgreich die neuronalen Kodierungsmerkmale hinter spezifischen Verhaltensweisen (wie Vermeidungsverhalten) identifiziert. Diese neuronalen Zustände erfüllen die doppelten Kriterien, sowohl "hinreichende Bedingungen" als auch "notwendige Bedingungen" zu sein.
Hinreichende Bedingung: Wenn der Zielneuronenzustand durch optogenetische Mittel aktiviert wird, kann das Tier selbst in widersprüchlichen Situationen immer noch spezifische Verhaltensweisen oder kognitive Reaktionen zeigen. Dies deutet darauf hin, dass die Aktivität dieser Neuronen ausreicht, um dieses Verhalten "hervorzurufen".
Notwendige Bedingung: Wenn wir die Aktivität der Zielneuronen durch neuronale Hemmung oder Läsion blockieren und das Verhalten ausbleibt oder beeinträchtigt ist, können wir bestätigen, dass diese neuronale Struktur eine wesentliche Komponente für die Produktion des Verhaltens ist.
Mit diesen Beweisen haben Forscher eine präzise Kontrolle über das Verhalten von Tieren erreicht – durch Aktivieren oder Deaktivieren spezifischer neuronaler Mechanismen können sie die Verhaltensausgabe steuern, als würden sie einen Schalter umlegen.
Und eine weitere wichtige Voraussetzung für diese Forschung ist: Das normale Verhalten des Tieres in seiner natürlichen Umgebung wird ebenfalls durch die spezifischen Feuerungsmuster dieser Neuronen gesteuert. Das bedeutet, dass wir nicht nur die Mechanismen spezifischer Verhaltensweisen unter Laborbedingungen erklären können, sondern diese kausale Erklärung auch auf natürliche Szenarien ausdehnen können. Wie das Deisseroth-Team betonte: "Dieser integrierte Forschungsweg ermöglicht es uns, die primären kausalen Grundlagen von physiologischen Funktionen und Verhaltensmustern auf zellulärer, Schaltkreis- und sogar Gehirnebene präzise zu identifizieren, über akute oder chronische zeitliche Dimensionen hinweg – diese Grundlagen sind sowohl notwendige als auch hinreichende Bedingungen."
So stellt sich die Kernfrage: Wie sollen diese bahnbrechenden Erkenntnisse interpretiert werden und welche Antworten geben sie auf die ursprüngliche Frage, "warum Verhalten auftritt"? Wenn optogenetische Manipulation das Verhalten von Tieren präzise wie eine Marionette steuern kann, ist es leicht zu glauben, dass die manipulierte neuronale Variable die ultimative Antwort auf die Entstehung des Verhaltens ist – sie scheinen die "verantwortlichen Agenten" oder das "Kontrollzentrum" hinter dem Verhalten zu sein. Insbesondere wenn wir Verhalten in Echtzeit durch externe Intervention steuern können, verstärkt dies die Vorstellung, dass wir den "Ursprung des Verhaltens" gefunden haben. Schließlich, wenn unser Verständnis, wie das Gehirn Verhalten erzeugt, tief genug ist, um eine beliebige Anpassung durch neuronale Manipulation zu ermöglichen, was gibt es dann noch weiter zu erforschen?
Kritik am "Dreifachen Reduktionismus":
Grenzen der Driving View of Causation
Diese Perspektive, die interne Gehirn- und Gehirn-Verhaltens-Kausalitätsbeziehungen erklärt, wird als die "treibende Sichtweise der Kausalität" (the driving view of causation) bezeichnet. Dieser metaphorische Ausdruck findet sich häufig in Berichten über Optogenetik-Forschung, zum Beispiel:
"Eine Subpopulation von GABAergen Neuronen im lateralen Hypothalamus… treibt spezifisch das Fressverhalten bei Mäusen an";
In der Forschung an Caenorhabditis elegans schufen Wissenschaftler einen "Atlas der neuronalen Signalübertragung". "Durch direkte Messung der Signalübertragung und den Aufbau mathematischer Modelle erläutert der Atlas, wie die Aktivität neuronaler Neuronen stromaufwärts die Reaktionen neuronaler Neuronen stromabwärts antreibt"; allgemeiner, wie "die Stimulation eines Teils des Netzwerks die Aktivität in anderen Teilen antreibt".
In der Fliegenhirnforschung bauten Forscher ein kausales Modell des Fliegenhirns namens "Effektom" auf, indem sie verschiedene Hirnareale systematisch optogenetisch stimulierten und Kaskadenreaktionen aufzeichneten. Dieses Modell kann genau vorhersagen, wie die Aktivierung eines beliebigen neuronalen Knotens die Ausbreitungsbahn nachgeschalteter Effektwellen antreiben wird.
"Ein langfristiges Ziel der Neurowissenschaft ist der Aufbau kausaler Modelle neuronaler Systeme, die es uns ermöglichen würden, tierisches Verhalten in Bezug auf dynamische Interaktionen zwischen Neuronen zu erklären."
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Diese Serie von "treibenden Metaphern" stammt aus der kognitiven Tradition, die tief im klassischen Forschungsparadigma einfacher Reflexsysteme verwurzelt ist – sie sind sowohl der Ausgangspunkt für das menschliche Verständnis der neuronalen Signalübertragung als auch der Grundstein vieler Neurowissenschaftslehrbücher. Im Modell des Reflexsystems stellen wir uns den Prozess vom sensorischen Input zum Verhaltensoutput typischerweise als eine lineare Übertragungskette vor:
Jeder neuronale Knoten treibt wie ein Dominostein die Aktivität nachfolgender Knoten an und löst schließlich ein voreingestelltes Verhalten aus; beim Versuch, diesen kognitiven Rahmen auf komplexere Gehirnsysteme zu übertragen, könnte man annehmen, dass das einfache Hochskalieren und Übereinanderlegen der Logik dieser einfachen neuronalen Schaltkreise die Betriebsmechanismen auf Ebene des makroskopischen Nervensystems und sogar des gesamten Gehirns erklären kann.
Dieses unidirektionale Feedforward-kausale kognitive Paradigma lässt sich auf William James' berühmte Behauptung aus dem Jahr 1890 zurückführen:
Obwohl ich in Fällen extremer, schwerer und unheilbarer körperlicher Krankheit für assistierten Suizid bin, warum halte ich ihn für Patienten mit unheilbarer psychischer Krankheit für inakzeptabel?
▷Abbildung 2: Das kognitive Rahmenwerk der dreifachen kausalen Reduktion. Die Betrachtung neuronaler Mechanismen als Schlüsselfaktoren zur Erklärung von Verhalten beinhaltet drei Vereinfachungspfade: 1) Vertikale Reduktion auf ontologischer Ebene – Reduktion der Dimensionalität von der kognitiven Ebene auf die neuronale Ebene; 2) Horizontales Reduktionismus – Forschung durch Isolation und Zerlegung; 3) Temporale Reduktion – Fokussierung nur auf die synchronen Momentanzustände des Nervensystems.
Diese Vorstellung, neuronale Aktivität als unidirektional "treibend" zu verstehen, kann zu drei Ebenen des "Reduktionismus" führen (Abbildung 2):
Vertikale Reduktionsperspektive
Obwohl wir Verhaltenssteuerung immer noch mit mentalen Zuständen wie Überzeugungen, Wünschen oder kognitiven Entscheidungsprozessen beschreiben können, werden diese nicht als echte kausale Erklärungen betrachtet. Was wirklich zählt, ist das "neuronale Substrat", das diesen mentalen Zuständen entspricht (d. h. die Aktivität neuronaler Mechanismen), da sie die grundlegenden Ursachen sind, die Verhalten antreiben. Nach dieser Auffassung werden mentale Zustände und kognitive Prozesse als "Epiphänomene" erklärt – innerhalb des kausalen Erklärungsrahmens hat das bewusste Nachdenken oder der kognitive Prozess des Subjekts selbst keinen substanziellen Einfluss auf das Verhalten.
Horizontale Reduktionsperspektive
Diese Perspektive geht davon aus, dass wir das Nervensystem in verschiedene neuronale Einheiten zerlegen und die Kausalität spezifischer Verhaltensweisen ausschließlich der unabhängigen Aktivität bestimmter Einheiten zuschreiben können, wobei das breitere neuronale Umfeld vernachlässigt wird. Folglich wird der Organismus als kausales Subjekt allmählich aus dem kausalen Erklärungsrahmen seines eigenen Verhaltens entfernt oder verschwindet sogar vollständig. Selbst wenn man dies auf neuronale Schaltkreise und makroskopische Systeme ausdehnt, bleibt die Kernlogik bestehen: Das Echtzeitverhalten des Organismus wird nur von einem Subsystem spezifischer neuronaler Einheiten gesteuert.
Temporale Reduktion
Diese Perspektive ist die subtilste – sie schreibt das Verhalten des Organismus ausschließlich der momentanen Aktivierung spezifischer neuronaler Mechanismen zu und glaubt, dass die Untersuchung des aktuellen neuronalen Aktivitätsmusters ausreicht, um die Verhaltensantriebe zu erschöpfen. Diese Perspektive stellt Verhalten als das Produkt eines Markovschen neuronalen Prozesses dar. In diesem Rahmen werden der historische Kontext, der die neuronale Aktivität prägt, sowie die diachronen Merkmale des Organismus als zeitlich ausgedehntes Wesen von kausalen Erklärungsüberlegungen ausgeschlossen.
"Markov" ist nach dem russischen Mathematiker Andrey Andreyevich Markov benannt und bezieht sich auf ein System, dessen zukünftiger Zustand nur von seinem aktuellen Zustand abhängt, nicht von seiner Vergangenheit (gedächtnislos). "Diachronisch" bezieht sich auf das Studium, wie sich Dinge im Laufe der Zeit ändern und entwickeln, im Gegensatz zu "synchronisch" (das sich auf eine statische Analyse zu einem bestimmten Zeitpunkt konzentriert).
Die gegenwärtige vereinfachte Perspektive in der Neurowissenschaft auf synchrone neuronale Mechanismen konstruiert tatsächlich einen einseitigen und irreführenden Rahmen zur Erklärung der Kausalität von Verhalten. Und diese Einschränkung beruht auf einem übermäßig engen Kausalitätsbegriff. Wenn wir Kausalität nur durch den reduktionistischen synchronen Rahmen (wie die treibende Sichtweise der Kausalität) verstehen, ist die Erklärung für die "Ursachen des Verhaltens" notwendigerweise begrenzt und schließt den Organismus selbst aus dem kausalen Bild aus. Entscheidend ist, dass dieser Rahmen eine wichtige Tatsache vernachlässigt: Neuronale Aktivitätsmuster haben eine spezifische Bedeutung für den Organismus, und die kausale Wirksamkeit des Nervensystems hängt genau von dieser Bedeutungsverbindung ab.
Daher müssen wir der Neurowissenschaft neue Erklärungsrahmen zur Verfügung stellen, indem wir etablierte nicht-reduktionistische und zeitübergreifende Kausalitätstheorien aus der Philosophie einführen. Diese Theorien können sowohl den Organismus als autonomen kausalen Agenten umgestalten als auch die wissenschaftliche Strenge kausaler Erklärungen gewährleisten. Es wird besonders betont, dass ein vollständiges Verständnis der Kausalität des Organismus eine diachronische Perspektive einnehmen muss – die spezifische Bedeutung neuronaler Aktivitätsmuster für den Organismus hervorheben und die zeitliche Dimension in den Analyse-Rahmen integrieren. Auf diese Weise können wir, während wir den unabhängigen Erklärungswert kognitiver Prozesse erhalten, ein Modell ihrer Beziehung zu neuronalen Prozessen erstellen und die theoretische Falle vermeiden, Kognition auf neuronale Aktivität zu reduzieren.
Rekonstruktion kausaler Typen:
Von physikalischen Kräften zum kausalen Pluralismus
(1) Produktive Ursachen und Abhängigkeitsursachen:
Haben wir Umweltfaktoren übersehen?
Kausalität wird von der Öffentlichkeit oft einfach mit "physikalischer Kraft" gleichgesetzt. Diese Ansicht besagt, dass eine "Ursache" ein Ereignis ist, das durch Energieübertragung ein Ergebnis auslöst – wie List und Menzies den kausalen "Wumms" beschrieben, ähnlich dem Kraftprozess von Billardkollisionen. Philosophen bezeichnen dieses Konzept als "produktive" Kausalität, eine Idee, die auch in der zuvor diskutierten "treibenden" Rhetorik der Neurowissenschaft sichtbar ist (obwohl die synaptische Übertragung im Wesentlichen keine direkte Übertragung von Energie oder physikalischer Kraft beinhaltet).
Ein weiteres in der Philosophie weit diskutiertes Kausalitätskonzept wird als "Unterschied-Machen" oder "Abhängigkeits"-Kausalität bezeichnet. Diese Theorie betrachtet Ursachen als "kontrafaktische Unterschied-Macher" – das heißt, jede Variable, die den Verlauf von Ereignissen ändern könnte, vorausgesetzt, diese Variable unterscheidet sich von ihrem tatsächlichen Zustand. Dies erfasst unsere alltägliche kausale Intuition: Wenn wir A als die Ursache von B betrachten, beinhaltet dies normalerweise implizit ein kontrafaktisches bedingtes Urteil wie "Wenn A nicht aufgetreten wäre, dann wäre B nicht aufgetreten".
Offensichtlich umfasst die "Unterschied-Machen"-Sichtweise der Kausalität "produktive (oder treibende) Ursachen", die Ergebnisse durch physikalische Kräfte erzeugen (wie der "Schub" der Übertragung kinetischer Energie), und ihr Umfang ist breiter – jede notwendige Bedingung, die einer produktiven Ursache ermöglicht, einen bestimmten Effekt zu erzielen, wird als kausales Element betrachtet.
Nehmen Sie das Beispiel eines Baseball, der ein Fenster zerbricht:
Produktive Ursache: Die Flugbahn des Baseball ist natürlich die direkte produktive Ursache – der Prozess der kinetischen Energieübertragung vom Ball auf das Fenster, bei dem physikalische Kraft auf die molekularen Bindungen des Glases ausgeübt wird, was zum Bruch und Zersplittern führt.
Abhängigkeitsursachen: Das Ereignis hängt auch von anderen "notwendigen Bedingungen" ab, wie der Zugfestigkeit des Glases und den Materialeigenschaften des Balls. Wenn sich diese Bedingungen spezifisch ändern würden (z. B. wenn das Glas kugelsichere Eigenschaften hätte oder der Baseball durch einen Schaumstoffball ersetzt würde), würde das Zersplittern nicht eintreten.
Die meisten physikalischen Ereignisse resultieren aus der kombinierten Wirkung produktiver Ursachen und Abhängigkeitsursachen. Bei der Erklärung von Ereignissen ignorieren wir jedoch oft selektiv Abhängigkeitsursachen und konzentrieren uns stattdessen auf produktive Ursachen. Diese Voreingenommenheit ergibt sich aus "pragmatischen Überlegungen": Forscher sind in der Regel mehr an Unterschied-machenden Faktoren interessiert, die direkt mit dem Ereignis zusammenhängen und sehr spezifisch sind. Im Beispiel des zerbrochenen Fensters sind Abhängigkeitsbedingungen wie die Zugfestigkeit des Glases zwar notwendig, aber als inhärente Eigenschaften des Materials besitzen sie Universalität und Stabilität und fehlen daher eine ausreichende "kausale Salienz", um zusätzlichen Erklärungswert zu liefern.
Die Mainstream-"treibende" Sichtweise der Kausalität in der Neurowissenschaft besagt, dass nur "produktive Ursachen" wie das Feuern von Neuronen erklärende Kraft und kausale Salienz für Verhalten haben. Diese Prämisse widerspricht jedoch fundamental den wesentlichen Merkmalen der Neurobiologie. In den neuronalen Mechanismen des Verhaltens sind Abhängigkeitsbedingungen nicht konstant wie die Festigkeit von Glas, sondern entwickeln sich dynamisch und üben kausale Wirksamkeit als "funktionale Beschränkungen" aus, indem sie die Schwellenwerte für das neuronale Feuern und andere Mechanismen modulieren. Die Existenz dieser Bedingungen selbst ist ein evolutionäres Produkt, das es dem Nervensystem ermöglicht, "Bedeutungssensibilität" zu erreichen. Die folgenden Abschnitte werden systematisch analysieren: 1) Die Typologie verschiedener Abhängigkeitsbedingungen im Nervensystem; 2) Ihre Entstehungsmechanismen; 3) Wie sie gemeinsam ein kausales Antwortsystem aufbauen, das auf der Bedeutung neuronaler Aktivität basiert.
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(2) Kriteriale Kausalität;
Warum das Gehirn nicht einfach unidirektional "getrieben" wird?
Die Konzeptualisierung der Gehirnfunktion ausschließlich durch die treibende Metapher, die "produktive Ursachen" priorisiert, erzeugt einen irreführenden Eindruck: dass die kausalen Beziehungen zwischen Neuronen und innerhalb neuronaler Schaltkreise im Wesentlichen vorwärts gerichtet, sequentiell und deterministisch sind, wobei Neuronen passiv durch ihren präsynaptischen Input zum Handeln getrieben werden. Aber wie die meisten Neurowissenschaftler wissen, beschreibt dies nicht vollständig, wie die neuronale Kommunikation tatsächlich funktioniert.
In Wirklichkeit hängt die Reaktion eines Neurons auf eingehende Aktivität stark von der Konfiguration seiner synaptischen Verbindungen und anderen biophysikalischen Parametern der Zelle ab (z. B. ihrem aktuellen Membranpotenzial). Zum Beispiel, wenn Neuron B Input von den Neuronen A und C erhält und die Synapse von A "stärker" ist, dann wird das Signal von A von B eher "berücksichtigt" und umgekehrt. Und wenn das Membranpotenzial der Zelle B bereits nahe am Feuerschwellenwert ist, dann könnte nur ein kleiner Reiz von A und C ausreichen, damit B feuert; wenn B jedoch in einem negativeren Membranpotentialzustand ist, werden vielleicht mehr Signale benötigt, um ein Aktionspotential auszulösen. Das heißt, das Gewicht und die Natur der Synapse zwischen Neuron A und B, kombiniert mit dem Kontext aller anderen präsynaptischen Eingänge zu B und den gesamten elektrophysiologischen Eigenschaften von B, stellen zusammen das dar, was Tse die "Kriterien" für das neuronale Feuern nennt – die notwendigen Bedingungen dafür, dass ein Neuron "seine Wirkung entfaltet".
Diese Kriterien legen spezifisch die Arten von präsynaptischem Input fest, die ein Neuron empfangen muss (und die Arten von Input, die es nicht aktivieren können), um ein Aktionspotential zu erzeugen. Zum Beispiel könnten diese Kriterien einen Feuerschwellenwert basierend auf der Anzahl der Aktionspotentiale umfassen, die innerhalb eines bestimmten Zeitfensters eintreffen. Häufiger jedoch spezifizieren sie komplexe raumzeitliche Inputmuster, auf die das Neuron kausal empfindlich ist.
Zum Beispiel:
Aufgrund seiner spezifischen Konfiguration von erregenden und hemmenden Synapsen könnte ein Neuron erfordern, dass das Eingangssignal ein spezifisches räumliches Muster aufweist (z. B. die Implementierung einer Logik-"UND/ODER"-Eingangskombination), um "seine Wirkung freizusetzen".
Ein anderes Neuron könnte empfindlich auf spezifische zeitliche Muster reagieren, wie z. B. eine bestimmte Frequenz oder Zeitabstimmung der Eingänge.
Somit gehören die Kriterien für das Feuern eines Neurons zu einer Art von "Abhängigkeitsursache": Durch das Ändern dieser Kriterien (z. B. durch Ändern der Gewichte seiner Input-Synapsen) kann man steuern, ob das Neuron feuert, selbst wenn der präsynaptische Input unverändert bleibt. Tse nennt diese kausale Beziehung "kriteriale Kausalität".
Entscheidend ist, dass bei der Beschreibung der neuronalen Kommunikation (und damit der Art und Weise, wie das Gehirn Verhalten generiert) diese kritierialen Abhängigkeitsursachen in der Erklärung nicht wie Abhängigkeitsbedingungen in der nicht-biologischen Welt eliminiert werden können. Die Gründe dafür sind:
Erstens sind diese Kriterien keine generischen Eigenschaften von Neuronen. Es handelt sich um zufällige und hochspezifische Merkmale einzelner Neuronen, die auf deren spezifischer synaptischer Konfiguration und intrazellulärem Zustand basieren. Daher kann man anhand der präsynaptischen Aktionspotentiale allein nicht vorhersagen, ob ein postsynaptisches Neuron feuern wird.
Zweitens sind die Eingabebedingungen von Neuronen dynamisch. Es handelt sich nicht um festgelegte neuronale Eigenschaften, sondern sie ändern sich kontinuierlich aufgrund synaptischer Umgestaltung und der jüngsten Feuerungshistorie der Zelle. Daher kann man selbst mit Informationen über präsynaptische Aktionspotentiale und ihre frühere kritieriale Konfiguration den Feuerungszustand des postsynaptischen Neurons nicht vorhersagen.
Angesichts dessen haben einige Wissenschaftler vorgeschlagen: "Die Darstellung synaptischer Zustände mag beim Beschreiben des Zustands eines neuronalen Netzwerks erklärender sein als neuronale Feuerungsmuster. Tatsächlich besteht die Funktion von Synapsen darin, die Feuerungsaktivität innerhalb neuronaler Schaltkreise zu regulieren, indem sie die Kriterien für die kausale Empfindlichkeit für neuronales Feueren festlegen."
Wie Tse umfassend argumentiert, ist die Fähigkeit, die neuronalen Feuerungskriterien durch synaptische Umgestaltung (manchmal in Echtzeit) zu ändern, zentral für den Mechanismus des Gehirns zur Verhaltensgenerierung. Die Konfiguration und die Gewichte der Eingangssynapsen für jedes gegebene Neuron werden durch drei Einflüsse geformt: die langfristige evolutionäre Geschichte, die Lernprozesse des Individuums und der aktuelle Zustand des Organismus (einschließlich seiner kognitiven Aktivität). Genau diese Kriterien verleihen den Neuronen spezifische Funktionalität und selektive Empfindlichkeit, die es ihnen ermöglichen, den Bedürfnissen des Organismus zu dienen.
Man mag sich jedoch fragen, ob das Konzept der „kriterialen Kausalität“ tatsächlich nur Situationen bezeichnet, in denen mehrere unterschiedliche übergeordnete Ursachen zusammenwirken müssen, um einen einzigen nachgeordneten Effekt zu erzielen – und daher diese Situation letztlich vollkommen mit der „treibenden“ Sichtweise der Kausalität kompatibel ist. Aus einer bestimmten Perspektive hat dieser Einwand Berechtigung.
Aber der Kernwert des Kriterialkausalitätskonzepts liegt gerade darin, dass es sich auf die Aufdeckung der grundlegenden Rolle „verborgener Abhängigkeiten“ bei der Konstruktion solcher „Viele-zu-Eins“-Szenarien konzentriert. Dieses Konzept drängt uns zur Frage: Warum und wie bildet das System eine bestimmte Konfiguration, so dass spezifische übergeordnete Ursachen spezifische nachgeordnete Effekte auslösen? Die Beantwortung dieser Frage ist nicht nur der Schlüssel zum Verständnis der grundlegenden interneuronalen Kommunikation, sondern auch die Grundlage zur Erklärung der Mechanismen der gesamten Gehirnverhaltensgenerierung.
Die treibende Sichtweise der Kausalität besagt, dass übergeordnete Neuronen einfach nachgeschaltete neuronale Aktivität antreiben, wenn sie ausreichend aktiviert sind. Die Neurophysiologie der neuronalen Kommunikation erfordert, dass wir diese traditionelle kausale Sichtweise umwerfen und das Konzept der "kriterialen Kausalität" in den theoretischen Rahmen integrieren: Aufgrund der Empfindlichkeit nachgeschalteter Neuronen für Eingabetypen sollte ihr Potenzial zur Interpretation von Eingabesignalen betont werden (Abbildung 3). Dies zwingt uns, tiefer einzutauchen in: Warum und wie sind Neuronen konfiguriert, um spezifisch auf Eingabesignale zu reagieren?
▷Abbildung 3: Die umgekehrte Driving-Metapher. Das obere Feld zeigt die Driving-Beziehung zwischen den Neuronen A und B: B ist im Wesentlichen ein „passives Element“ – As Aktivität treibt Bs Aktivität an. Das untere Feld kehrt diese Beziehung um und hebt die aktive Rolle des Neurons B hervor: Basierend auf den in seinen synaptischen Verbindungen und der Zellphysiologie verkörperten Kriterien führt B eine „interpretative Verarbeitung“ seiner Eingangssignale durch.
Es ist besonders wichtig zu beachten: Die Existenz von "kriterialer Kausalität" im Gehirn zwingt uns, die Interpretation optogenetischer Experimente zu überdenken. Auch wenn durch optogenetische Techniken festgestellt wird, dass die Aktivität einer Gruppe von Neuronen ein bestimmtes Verhalten auslösen kann, bedeutet dies nicht, dass die Aktivität dieser Neuronen eine vollständige Erklärung für dieses Verhalten ist. Tatsächlich können diese Neuronen das Verhalten auslösen, weil ihre Aktivität innerhalb eines Nervensystems auftritt, das auf eine bestimmte Weise konfiguriert wurde.
Um also wirklich zu verstehen, "Welche Faktoren führten dazu, dass dieses Verhalten auftrat?", muss die "Gesamtkonfiguration des Systems" berücksichtigt werden. Tatsächlich liefert das Konzept der "kriterialen Kausalität" eine theoretische Grundlage für das Verständnis, wie die Systemkonfiguration neuronalen Aktivitätsmustern spezifische Bedeutung verleiht (und diese Bedeutung unterstützt die kausale Wirksamkeit der neuronalen Aktivität). Durch die Modulation von Kriterien können Organismen "Top-Down-Kausalität" ausüben und die neuronale Empfindlichkeit in Echtzeit ändern, um ihr eigenes Verhalten aktiv zu steuern. Dies erfordert von uns, unser kausales Konzeptsystem zu erweitern und zum von Aristoteles vorgeschlagenen "kausalen Pluralismus" zurückzukehren.
(3) Kausaler Pluralismus:
Warum sind "Zweck" und "Form" auch wichtig?
In der Neurowissenschaft ist die Akzeptanz multipler kausaler Konzepte entscheidend für ein umfassendes Verständnis der Ursachen von Verhalten. Dieser Standpunkt ist nicht neu; bereits in der Antike schlug Aristoteles' berühmte "Vier Ursachen" multiple Arten kausaler Beziehungen vor: die materielle Ursache, die Wirkursache, die Formursache und die Zweckursache.
Die "materielle Ursache" und die "Wirkursache" entsprechen weitgehend den "mechanistischen" Erklärungen in der modernen Neurowissenschaft, die die Grundlage der "synchronen produktiven Ursachen" bilden, die der "treibenden Metapher" zugrunde liegen. Die "Formursache" ist ein relativ vages Konzept, das sich im Allgemeinen auf die Menge der wesentlichen Eigenschaften bezieht, die etwas zu einer bestimmten Art von Entität machen (und nicht zu einer anderen Art) – das heißt, die "charakteristische Form", die Materie annimmt, wenn sie das Ding zusammensetzt. Dieses Konzept lässt sich mit der spezifischen Konfiguration des Nervensystems (einschließlich synaptischer Verbindungsmuster) und dem "kausalen Effekt" des Informationsinhalts vergleichen, der durch diese Konfiguration dargestellt/instanziiert wird. Schließlich fragte Aristoteles durch das Konzept der "Zweckursache": Warum geschieht etwas? Was ist sein endgültiger Zweck? Das Anerkennen der "Zweckmäßigkeit" selbst kann ein Treiber von Ereignissen sein. Form- und Zweckursachen gehören im Wesentlichen zur "diachronischen kausalen Kategorie" – erstere spiegelt wider, wie das System durch historische Ereignisse spezifisch konfiguriert wird, während letztere auf die "zukunftsorientierten funktionellen Eigenschaften" verweist, die das System erreicht.
Aristoteles verfolgte somit einen Ansatz des "kausalen Pluralismus", indem er diese verschiedenen Arten kausaler Beziehungen als auf unterschiedlichen, aber gleichermaßen gültigen Perspektiven oder kausalen Typen basierend betrachtete, die zusammen komplementäre Erklärungspfade für Naturphänomene bilden. Diese Denktradition wird in Niko Tinbergens Vier Fragen der Ethologie fortgesetzt, der vorschlug, dass eine vollständige Erklärung von Verhalten die Beantwortung von vier Fragen erfordert:
1. Funktion (oder Anpassung): Welchen Überlebenswert hat dieses Verhalten für das Tier?
2. Evolution (oder Phylogenie): Wie hat sich dieses Verhalten entwickelt?
3. Motivation (oder Mechanismus): Was sind die unmittelbaren Ursachen, die dieses Verhalten auslösen?
4. Entwicklung (oder Ontogenie): Wie hat sich dieses Verhalten während der Lebenszeit des Individuums entwickelt?
Bedauerlicherweise hat die Wissenschaftsgeschichte Form- und Zweckursachen manchmal abgelehnt und nur Materie und direkte Kräfte als "wahre" wissenschaftliche Erklärungen betrachtet. Zum Beispiel argumentierte Francis Bacon, ein Begründer der wissenschaftlichen Methodologie des 17. Jahrhunderts (dessen Denken die Etablierung wissenschaftlicher Denkparadigmen tiefgreifend beeinflusste), dass "die Wissenschaft sich nur mit Material- und Wirkursachen beschäftigen sollte, d. h. mechanistischen Erklärungen oder Materie in Bewegung, was produktive kausale Beziehungen sind"; während er Form- und Zweckursachen in den Bereich der Metaphysik oder dessen, was er "Magie" nannte, verbannte.